Offener Brief an Friede Springer

Sehr geehrte Frau Springer,

In der letzten Zeit war Ihr Haus in Dinge verwickelt, die, bei allem Respekt für das bekannte Redaktionsstatut, nicht dringend nötig oder geboten erscheinen:

Vor bald drei Jahren begann ein beispielloses Kesseltreiben aus Ihrem Hause gegen den amtierenden Bundespräsidenten, eine fatale Affäre nahm hier ihren Ausgang. Unrühmlich sind viele Punkte in den Springer-Publikationen – doch weit schlimmer sind die Machenschaften von Mitarbeitern hinter den Kulissen, soweit mir berichtet wurde. Da wurde angeblich beispielsweise durch Telefonate mit bekannten Multiplikatoren nicht nur der Bundespräsident schlechtgemacht, sondern auch die Vermutung geäußert, seine damalige Frau habe im Rotlichtmilieu gearbeitet; darüber gebe es Exklusiv-Kopien polizeilicher Dokumente im Hause. Nach unendlichen Verdächtigungen kam es bekanntlich zu einem nur noch peinlichen Strafprozess, der mit einem Freispruch endete. Die realiter strafbare Handlung des Bundespräsidenten bestand in seinem ebenso tapferen wie vergeblichen Versuch, der internationalen Finanzmafia den Durchmarsch durch öffentliche und private deutsche Vermögen zu verwehren.

Deutschland bekam dann einen Nachfolger, der schon nicht Behördenleiter hätte werden dürfen, weil er selbst betroffen, beschuldigt und befangen war. Dieser Nachfolger beteiligt sich seither ganz unbeschwert an jeder Politik zum Nachteil Deutschlands und Europas, schlimmer noch, er führt sich obendrein auf wie ein Maulheld, als ob es keine Nachwelt gebe, die darüber ein Urteil fällen wird.

Das alles fände Ihr verstorbener Mann furchtbar – und er hat sich zweifellos mehrfach im Grab herumgedreht, als es geschah. Denn sicher gab es viele Vorwürfe gegen ihn, und er hatte jederzeit zahlreiche Gegner, doch Mangel an Patriotismus wurde ihm selten vorgehalten.

Mit dieser weniger als unrühmlichen Vergangenheit verursacht jetzt Ihr Vorstandschef Mathias Döpfner in Potsdam einen ziemlichen Radau, weil er meinte versuchen zu müssen, für angeblich einen einzigen Euro auf 99 Jahre, bestes, öffentliches Potsdamer Stadtgebiet in seinen Privatpark zu verwandeln. Das ist jetzt möglicherweise schon großenteils vom Tisch, die Proteste kamen unerwartet heftig – doch das Gelände bleibt den Bürgern trotzdem weiterhin verschlossen, niemand kann sagen warum.

Mit der kolossalen Macht des Hauses Springer im Rücken bringt Döpfner Schlösser-Stiftung, Oberbürgermeister und den öffentlich-rechtlichen Funk so lange unter Druck, bis sie Beschwerden verschiedenster Art und Form auf sich ziehen; bezahlt direkt oder indirekt Personal, das Bürgerproteste abwürgen hilft; lässt alle Verbindungen spielen, die sich vor allem durch seine herausgehobene Stellung ergeben haben – und führt sich insgesamt auf wie das kleinkarierte Klischee eines skrupellosen Kapitalisten. Sicher lässt sich einwenden, dass zum Verbiegen immer mindestens zwei gehören: Der eine, der es tut – und der andere, der es mit sich machen lässt. Doch seit wann ist es in der Springer-Geschichte üblich, dass sich ein Chef aus rein persönlichen Motiven aufführen darf, bis überall die Scherben fliegen und die Gesellschaft sauer reagiert oder zumindest im vollen Rampenlicht der Öffentlichkeit im Streit darüber liegt?

Ein Springerchef hat andere Herausforderungen – dieser zeigt sich der Sache im Großen wie im Kleinen nicht gewachsen; und die Zeiten sind ernst genug.

Axel Cäsar Springer hätte durchgegriffen.

Mit freundlichen Grüßen

CRH